Beim zweiten Kultur- und Geschäftsforum „Made by Deutschen aus Russland“ in Bayreuth stehen neben den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen auch Frauen in Führungspositionen im Fokus. Dabei gibt es auch kritische Stimmen. Das Forum soll nun regelmäßig stattfinden.
“Ein russlanddeutscher Unternehmer ist immer ein bisschen Kamikaze”, erklärt Waldemar Weiz, Geschäftsführer des Unternehmerverbandes der Deutschen aus Russland (UVDR) zur Eröffnung des zweiten Kultur- und Geschäftsforum „Made by Deutschen aus Russland. Partnerschaft. Verantwortung. Erfolg“ Mitte Mai in Bayreuth. Damit spielt er auf die Hartnäckigkeit an, mit der russlanddeutsche Unternehmer den riskoreichen Geschäftsalltag zwischen Deutschland und Russland meistern.
Viele russlanddeutsche UDVR-Unternehmer, die diese Woche Gast auf dem Forum in Bayreuth waren, pflegen, wie er, bis heute rege Geschäftskontakte mit Russland. Sie kommen aus den Branchen KFZ, Touristik, Consulting, IT, Versicherungen und Finanzen. Und bekamen die Auswirkungen des damit verbundenen Risikos zu spüren: Unter den Sanktionen und Wirtschaftsrezession litten auch ihre Handelsbeziehungen in den vergangenen drei Jahren. Sie bleiben jedoch hartnäckig, hoffen auf eine baldige Besserung der Geschäfte. “Ich bin Unternehmer geworden, weil ich nicht einen Tag auf meinem Hintern gesessen und mich ausgeruht habe”, sagt Alexander Maul mit provokantem Unterton. Und er weiß, wovon er spricht: Der russlanddeutsche aus Saarbrücken ist Geschäftsführer einer Consultingagentur und eines Tourismusbüros gleichzeitig.
Der Russlanddeutsche Waldemar Weiz selbst kam zur Zweitausendwende mit seiner Familie nach Deutschland ins westfalische Kürten. “Wir sind gut in der Gemeinde aufgenommen worden”, erklärt Weiz. Unter den ansässigen Russlanddeutschen lebten auch einige seiner Verwandten. Dort gründete er ein auf Industrie- und Robotertechnik spezialisierten Neunmannbetrieb, “zu 95 Prozent deutsch”. Trotz der erschwerten Geschäftsbedingungen pflegt er bis heute gute Kontakte mit Unternehmen aus Tscheljabinsk, dem Omsker und dem Moskauer Gebiet. Bis heute kommt Weiz mindestens einmal pro Jahr nach Russland.
“Russlanddeutsche haben eine kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Brückenbaufunktion”, erklärt Hartmut Koschyk, Bundesbeauftrager für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten auf dem Forum. Das Land Bayern pflegt ohnehin gute Wirtschaftsbeziehungen zu Russland: Vom 17. bis zum 20. Juli findet ein Wirtschaftstreffen der bayrischen Hans-Seidel-Stiftung in Omsk statt. Doch Russlanddeutsche leben nicht nur in Bayern, sondern in allen 16 deutschen Bundesländern. Somit hätten auch sie eine Beziehung zu Russland, auf der sprachlichen, zivilgesellschaftlichen oder der wirtschaftlichen Ebene. Und das Potential, neue Brücken zu schlagen.
Einen täglichen Beitrag dazu leistet Oleg Zinkowsi. Er ist der Leiter von “Cosmo”, der russischen Redaktion des Rundfunk Berlin-Brandenbug. “Unsere soziale Mission ist es der russischen Minderheit zu helfen, sich in Deutschland zu orientieren”, erklärt Zinkovski.
„Dass russische Frauen keine Geschäfte führen können, da sie sich ausschließlich um die Kinder kümmern, ist ein Vorurteil“, erklärte Anna Resnitschenko, Vorsitzende des Frauenvereins Skolkovo. Frauen in Führungspositionen war eines der zentralen Themen des Forums – und zwar eines, bei dem man Russland durchaus eine Vorreiterrolle zuschreiben kann. Das legt zumindest eine Studie des US-amerikanischen Beratungsunternehmens Grant Thornton von März 2017 nahe. Sie besagt, dass Russland mit 47 Prozent den weltweit höchsten Frauenanteil in Führungsetagen hat. Zum Vergleich: In Deutschland sind es gerade mal 18 Prozent.
Resnitschenko selbst war mehr als zehn Jahre in der Verkaufsabteilung von Mercedes-Benz angestellt, bevor sie sich 2002 mit ihrer Übersetzungsagentur ANS-Lingua selbstständig machte. Auch Irina Poltalla aus der Region Altai wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. Allerdings in einer „bei Frauen sehr beliebten Branche“, wie die Buchhalterin zugibt. Damit sind Resnitschenko und Poltalle offenbar keine Einzelfälle. Laut einer aktuellen Erhebung des Initiativkomitees zur Entwicklung weiblichen Unternehmertums „Opory Rossii“ ist die Hälfte der angestellten Frauen bereit, es ihnen geichzutun und sich selbstständig zu machen. Der Analyse zufolge gibt es in Russland geschätzt 5,6 Millionen kleine und mittelständische Unternehmer, davon sind etwa ein Drittel Frauen. Und heute sind die Frauen zudem in der Überzahl. Der Statistikbehörde Rosstat zufolge gibt es in Russland elf Millionen mehr Frauen als Männer. Im Durchschnitt leben die Russinnen etwa zwölf Jahre länger als ihre männlichen Mitbürger.
Zu den kritischsten Stimmen in Bayreuth gehörte Ruslan Grinberg, Wissenschafticher Leiter des Wirtschaftsinstituts der Russischen Akademie der Wissenschaften.“Es geht darum, dass wir uns nicht vertrauen – vor allem auf den Führungsebenen”, gibt Grinberg zu bedenken. Und ohne die politische Ebene funktioniere die wirtschaftliche Ebene nicht. Es herrsche Unsicherheit, ein Zusammenrücken von Russland und der EU sei derzeit in weiter Ferne. Es brauche eine Lösung des Donbass-Konfliktes. “Jetzt braucht es eine Politik der kleinen Schritte”, kommentiert Grinberg, der die Vision vom Wirtschaftsraum von Lissbaon bis Wladiwostik nach wie vor realisierbar findet.
Einige kleine Brücken sollten in Form von neuen Partnerschaften und Bekanntschaften sollten auf dem zweiten Kultur- und Geschäftsforum „Made by Deutschen aus Russland. Partnerschaft. Verantwortung. Erfolg“ Mitte Mai in Bayreuth gebaut worden sein. Nun soll das russlanddeutsche Forum als feste Plattform etabliert werden. Das nächste Treffen soll Ende des Jahres in Kaliningrad stattfinden.
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