Zusammen mit dem Internationalen Verband der deutschen Kultur, der mehr als 500 öffentliche Organisationen der Russlanddeutschen vereint, werden 20 Organisationen ihre Jubiläen feiern. Darunter auch die National-kulturelle Autonomie der Deutschen in Ulan-Ude. In diesem Jahr feiert die Organisation ihr 30-jähriges Bestehen.
Wir sprachen mit Ljudmila Koschewina, der Vorsitzenden der Autonomie, über die deutsche Bevölkerung im multinationalen Burjatien sowie über die ersten Jahre der öffentlichen Organisation und ihre wichtigsten Tätigkeiten.
RD: Wie kamen die Deutschen nach Ulan-Ude? Gibt es heute in der Region viele deutsche Bevölkerungen?
L. K.: Die Deutschen kamen nach dem Ukas (vglb. Dekret) vom 28. August 1941 nach Burjatien. Damals wurden etwa 10.000 deutsche Trudarmisten hinter Stacheldraht nach Sakamensk in die Bergwerke des Dschida-ITL (Besserungsarbeitslager) gebracht, die bis Kriegsende im Wolfram-Molybdän-Kombinat arbeiteten. Nach der Befreiung durch die sowjetischen Streitkräfte wurden 818 repatriierte Russlanddeutsche aus dem deutschen Gebiet in die Siedlung Kamensk deportiert. So entstand eine große Diaspora von Russlanddeutschen auf dem Territorium von Burjatien.
Besonders stark wurden die Russlanddeutschen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren in den Gebieten der aktivsten industriellen Entwicklung der Republik angesiedelt: Ihre Arbeitskraft wurde beim Bau des Dschida-Wolfram-Molybdän-Kombinats, des Bauwerks „Choltosson“, der Kohlelagerstätten in Gussinoosjorsk und der Wälder von Sewerobaikalsk ausgenutzt.
Nach Kriegsende und bis 1956 lebten die Deutschen unter einer Ausreisesperre und durften ihre Wohnorte nicht verlassen. Danach hatten die meisten von ihnen niemanden, zu dem sie fahren konnten.
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Nach Aufhebung der Beschränkungen begannen Deutsche aus den Regionen Burjatiens nach Ulan-Ude zu ziehen. Nach der letzten Volkszählung leben in Burjatien nur 1016 Deutsche.
RD: Ljudmila, wie wurde die National-kulturelle Autonomie der Deutschen in Ulan-Ude gegründet?
L. K.: Im Februar 1991 fand die erste konstituierende Konferenz der Deutschen in Burjatien statt. Gemäß ihrem Beschluss wurde am 24. November 1991 das Zentrum der deutschen Kultur der Republik Burjatien gegründet, um die nationalen und kulturellen Interessen der deutschen Volksgruppe und ihre Identität zu unterstützen und zu entwickeln, das russlanddeutsche Volk in Burjatien zu erhalten, die internationalen Beziehungen zu verbessern und die Traditionen, Bräuche, Kultur und Sprache der Russlanddeutschen zu erhalten und wiederzubeleben.
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Im Jahr 2012 wurde das Zentrum der deutschen Kultur der Republik Burjatien in die National-kulturelle Autonomie der Deutschen geändert.
RD: Zu Beginn waren Sie nur ein Mitglied der Veranstaltungen des Zentrums der deutschen Kultur und im Jahr 2005 wurden Sie dessen Leiterin und stehen nun seit 16 Jahren an der Spitze der Organisation. Warum haben Sie sich für eine so schwierige soziale Arbeit entschieden?
L. K.: Es stand nicht in meinen Plänen, Leiterin zu werden. Auf der Mitgliederversammlung wurde mir das Vertrauen ausgesprochen und ich habe diesem Posten zugestimmt.
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RD: Ljudmila, welche waren die interessantesten Jahre in der Entwicklung der Organisation?
L. K.: Am interessantesten waren die Jahre nach der Eröffnung des Hauses der Freundschaft im Jahr 2011, das dank der Regierung der Republik Burjatien und des Komitees für internationale Politik gebaut wurde. Vor dieser Zeit hatten wir viele Jahre keine eigenen Räumlichkeiten. Und dann haben wir dieses Haus bekommen.
RD: Welche Tätigkeitsbereiche und Projekte haben sich in den 30 Jahren produktiver Arbeit als besonders wichtig erwiesen?
L. K.: Zweifelsohne die Sprachlichen und Ethnokulturellen. Wir arbeiten in diesen Bereichen, um unsere Sprache, Kultur und Traditionen zu bewahren. Wir bewahren nicht nur, sondern präsentieren dies auch den Einwohnern und Gästen unserer Republik.
Während der Arbeit haben wir Konferenzen der Russlanddeutschen Burjatiens organisiert und durchgeführt, Tage der Deutschen Kultur abgehalten, die Bücher „Deutsche Burjatiens“ und „Der deutsche Ethnos in Burjatien“ veröffentlicht sowie an vielen Ausstellungen und Festivals teilgenommen.
RD: Wie viele Deutsche in der Region vereint Ihre Organisation heute?
L. K.: Leider ist unsere Organisation sehr klein. Es gibt etwa 20 regelmäßige Teilnehmer, aber wir haben bei den Veranstaltungen deutlich mehr Zuschauer.
RD: Das Jahr 2020 war für alle ein schwieriges Jahr, aber besonders für öffentliche Organisationen. Ist es Ihnen gelungen, Ihre Arbeit umzugestalten und das Interesse des Publikums aufrechtzuerhalten?
L. K.: In der Tat war das Jahr nicht einfach und nicht alle Projekte konnten umgesetzt werden. Wir mussten uns auf das Online-Format umstellen, was sich natürlich auf die Aktivität der Menschen auswirkte. Aber wir haben es geschafft, einige unserer Projekte in dieses Format zu übertragen.
RD: Viele National-kulturelle Autonomien in der Region pflegen kulturelle Kontakte. Kooperieren Sie mit Autonomien anderer Nationalitäten?
L. K.: In Burjatien gibt es mehr als 130 Nationalitäten und über 30 National-kulturelle Organisationen. Wir nehmen an Veranstaltungen des jeweils anderen teil und führen oft gemeinsame Veranstaltungen durch.
RD: Was haben Sie zum 30-jährigen Bestehen der Organisation erreicht?
L. K.: Uns gibt es schon seit 30 Jahren. Trotz der kleinen deutschen Bevölkerung in Ulan-Ude sind wir da, wir sind aktiv und haben den Willen, unsere kreative Arbeit fortzusetzen.
RD: Welche Ziele haben Sie sich für die nahe Zukunft gesetzt?
L. K.: Wir möchten uns weiterhin für den Erhalt der Geschichte, Kultur und Sprache der Russlanddeutschen einsetzen.
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