14 Октября 2017

Christoph Bergner: „Wir müssen die Selbstidentifikation der Russlanddeutschen, als Deutsche ernst nehmen“

Im Rahmen des zweiten Tages der Arbeit des kulturhistorischen Seminars zu Ehren des Reformationsjubiläums fand in Halle (Saale) das Treffen mit dem Mitglied des Deutschen Bundestages, Ex-Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Dr. Christoph Bergner statt.



Im Rahmen des Treffens wurden Themen wie die Ergebnisse der Wahl in Deutschland und die Bedeutung der neu in den Bundestag eingetretenen Partei „Alternative für Deutschland“, Migrationsprobleme, Perspektiven der deutsch-russischen kulturellen Beziehungen sowie Fragen zur weiteren Unterstützung der Russlanddeutschen besprochen.

Herr Dr. Christoph Bergner war viele Jahre Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, deswegen kennt er sich mit den Problemen der Russlanddeutschen sehr gut aus. Davon hat auch die Chefredakteurin der Moskauer Deutschen Zeitung Olga Silantieva gesprochen: „Wir kennen uns schon seit 2006. Wir haben sehr viele Regionen Russlands und andere Länder, wo die Deutschen wohnen, zusammen besucht und es war immer sehr interessant und produktiv. Ich bin stolz darauf und freue mich über diese Bekanntschaft und Zusammenarbeit“.

Im Gespräch hat Herr Bergner einige Fragen anlässlich der Wahl in Deutschland beantwortet, da diese Situation jetzt für alle Menschen, die in Europa leben, ganz wichtig ist, auch für die Russlanddeutschen in Deutschland und Russland.

„Wir haben fast eine Million Menschen 2015, Anfang 2016 aufgenommen. Und es gab natürlich viele Probleme, in erster Linie mit der Integration und das Problem, welche kulturellen Träume diese Zuwanderung hat. Heute steht die deutsche Politik in einem Migrationsdilemma: Einerseits gibt es das Stichwort „Willkommenskultur“, und andererseits schließt Deutschland notfalls die Grenzen aus nationalen Sicherheitsgründen. Und in dieser Polarisierung ist in Deutschland eine neue Partei stark aufgetreten – „Alternative für Deutschland“. Es hat sich gezeigt, dass bei einigen russlanddeutschen Spätaussiedlern diese Partei relativ viel Resonanz gefunden hat“, sagte Dr. Bergner.

Es liegt auch daran, meint Herr Bergner, dass Spätaussiedler, die in die historische Heimat zurückgekehrt sind, unter dem Begriff „Migranten“ zusammengefasst wurden mit türkischen Zuwanderer und jetzt mit syrischen Flüchtlingen und anderen mehr. Als Aussiedlerbeauftragter hat er immer gesagt, man muss die Selbstidentifikation der Russlanddeutschen als Deutsche ernst nehmen und sie als ein kulturelles Bekenntnis verstehen.

Auf die Frage, ob die Russlanddeutschen nach heutigen politischen Veränderungen im Bundestag weiter auch die Unterstützung bekommen werden, sagte Herr Bergner: „Es gibt zwei Linien, die Impulse in Richtung Russlanddeutsche geben. Die eine kommt aus dem Bundesinnenministerium, wo die Hilfspolitik angesiedelt ist, wo sie eine Tradition hat, wo der Aussiedlerbeauftragte ist. Es gibt auch eine zweite Position, das ist die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Wir wollen kulturelle Brücken bauen, dann sind die deutschen Minderheiten eigentlich immer ein Glücksfahl und ein gutes Medium für solche kulturellen Bezüge“.

Nach dem Treffen wurden alle Teilnehmer zu den Kulturveranstaltungen des Seminars eingeladen. Zuerst kam der Abschluss der Ausstellung „Vom Himmel hoch, da komm ich her…“, wo auch das vom Internationalen Verband der deutschen Kultur herausgegebene Album über die lutherischen Kirchen in Russland präsentiert wurde.

Danach genossen alle Teilnehmer und Gäste des Seminars das Theaterstück „Bist du sicher, Martinus?“. Das Stück mit den Texten aus Tischreden von Martin Luther erzählt über Katharina von Bora – eine starke Frau an der Seite der großen Reformators Martin Luther. Das Stück wurde vom Russland-Deutschen Theater Niederstetten präsentiert. Dieses einzigartige Theater von Maria und Peter Warkentin lässt man über Erwartungen, Gefühle und Befindlichkeiten der Russlanddeutschen in ihrer neuen Heimat Deutschland nachdenken.


Zur Veranstaltung:

Organisiert wird das kulturhistorische Seminar vom Internationalen Verband der deutschen Kultur, dem Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland e.V. gemeinsam mit dem BiZ-Institut für ethnokulturelle Bildung und der internationalen Assoziation zur Erforschung der russlanddeutschen Geschichte und Kultur. Das Seminar findet bis zum 16. Oktober statt.

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